Frau sonnt sich im Raum

Neurotizismus: Emotionen zu sehr kontrollieren wollen

Anstatt den Gefühlen und Emotionen so richtig Luft zu machen und ihnen freien Lauf zu lassen, tendieren manche Menschen dazu, sie ständig unterdrücken zu wollen. Sie zu verstecken. Das nennt man Neurotizismus.

Ein Modell der Persönlichkeitsforschung – die sogenannten Big Five (Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit, Emotionskontrolle) – versucht, jene Eigenschaften abzubilden, in denen sich Menschen voneinander unterscheiden. Eines davon ist die versuchte Kontrolle von Emotionen. Unangenehm wird diese Eigenschaft jedoch dann, wenn man keine Möglichkeit findet negative Gefühle Raum zu geben und diese versucht hinunterzuschlucken.

„Ein wichtiger erster Zugang zu diesem Thema ist für uns in den Beratungsgesprächen Menschen, die so veranlagt sind aufzuzeigen, dass sie selbst mehr sind als ihre Gefühle. Emotionen dürfen sein, es ist vielleicht gerade schwer, aber man muss emotionale Reife lernen. Es macht langfristig schwermütig, sich immer wieder eine Badewanne mit Gefühlen einzulassen“, so Christine Wally-Biebl. Es gilt den Betroffenen Wege aufzuzeigen, wie sie wieder in die Handlungsfähigkeit kommen, da häufig ein „Engels-Teufels-Kreis“ überhandnähme. Zuerst müsse man sich selbst fragen: Was könnte mir helfen? Musik, ein guter Duft, ein Spaziergang? „Wir helfen in den Beratungen auch, den Fokus mehr auf das Gute zu richten, auf die eigenen Ressourcen“, so die Beraterin.

Auch Partnerinnen und Partnern von neurotizistischen Personen macht Christine Wally-Biebl Mut: „Hören Sie zu, machen Sie Mut, fühlen Sie mit. Helfen Sie die anderen, neuen Glaubenssätze über sich selbst zu formulieren. Helfen Sie dabei, dass sie/er sich so annehmen kann, wie sie/er ist.“ All dies könne sehr hilfreich sein. In solchen Fällen wirken auch angeleitete Körperübungen gut, die den Gefühlen mehr Raum geben, aber auch den Körper spürbar machen. Möglicherweise kann sogar aufgezeigt werden, wo sich das Hinunterschlucken negativer Emotionen schon im Körper als Schmerz manifestiert.

Die Expertin gibt auch noch eine Übung mit, die versuchen kann, wer von negativen Gedanken geplagt wird: Die „Ah – interessant“-Übung: Nehmen Sie Ihre Gefühle wahr, ohne Widerstand, ohne zu rationalisieren. Aha, was kommt da noch? Erlauben Sie alles, was kommt. Beobachten Sie, ohne zu bewerten!

Sollten Sie zu diesem oder ähnlichen Themen mit Profis reden wollen, können Sie bei einer österreichischen Familienberatungsstelle einen kostenfreien Termin vereinbaren.

Unsere Interviewpartnerin

Christine Wally-Biebl, MSc leitet die Servicestelle für pflegende Angehörige in der Familienberatungsstelle Braunau am Inn. Sie ist Diplomierte Lebens- und Sozialberaterin und Diplomierte Elternbildnerin.

BEZIEHUNGLEBEN Beratung Ried im Innkreis
Riedholzstraße 15a
4910 Ried im Innkreis
Webseite von BEZIEHUNGSLEBEN

Das Interview wurde im Oktober 2023 durchgeführt.

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