Verzweifeltes Paar

Wann ist eine Beziehung toxisch?

In Paar-Beziehungen können über längere Zeiträume gegenseitige Verletzungen stattfinden – sie werden dann vermehrt als toxisch bezeichnet. Doch was bedeutet das wirklich?

„Eine festgelegte Definition gibt es für sogenannte toxische Beziehungen nicht", weiß Ingrid Sword. „Wörtlich heißt es ja giftige Beziehung. Gemeint ist damit eine Beziehung mit erheblich destruktiven Mustern, mit häufigen oder ständigen Schuldzuweisungen, tiefen ein- oder gegenseitigen Verletzungen und emotionalen Abhängigkeiten." Wenn sich solche Beziehungsmuster eingeschlichen haben, würde man nur schwer ohne Hilfe wieder herauskommen.

Wenn immer wieder unangenehme Emotionen entstehen und daraus resultierend unerwünschte Handlungen der/m Partner/in gegenüber, werden diese laut der Expertin zunehmend unkontrollierbarer. Man würde oft gar nicht merken, dass sich negative Impulse wiederholen.

„Häufig ist es bei Paaren so, dass eine/r von beiden eher aktiv aggressiv reagiert, die/der andere zieht sich zurück und/oder reagiert passiv aggressiv. Wobei Rückzug und eine Pause einlegen ja schon hilfreich sein können, das klärende Gespräch danach darf aber nicht fehlen." Es sei wichtig die eingefahrenen Muster zu erkennen und herauszuarbeiten. Ingrid Sword: „Es liegt auch eine Chance darin, wenn man erkennt, dass die Beziehung in eine Abwärtsspirale geraten ist. Beziehungen sind immer ein tolles Feld, um zu lernen – auch viel über sich selbst. Man kann seine blinden Flecken erkennen, lernen ehrlich Gefühle und Befindlichkeiten zu kommunizieren, herausfinden, wie man so miteinander leben kann, dass die Bedürfnisse beider Partner/innen erfüllt werden und Ressourcen wieder neu entdecken."

Der erste Schritt, um die Situation zu verbessern, wäre die eigene Rolle am Geschehen zu erkennen. Was ist bei mir? Welches Verhalten beim anderen löst bei mir was aus? Kenne ich das vielleicht von irgendwo her? Was ist mein Part an diesen negativen Beziehungsmustern? Meist würden die Partner/innen auf die/den jeweils anderen schauen und sie/ihn ändern wollen, was aber meist nicht funktioniert. Die Problemlösung kann nur gemeinsam geschafft werden.

„Ein Gespräch zu führen ist grundsätzlich eine gute Idee – die Situation ist jedoch häufig ziemlich verfahren, meist hat sich zu Vieles aufgestaut, dass ein ruhiges Gespräch gar nicht mehr möglich ist. Daher sind Gesprächsregeln wichtig, die ermöglichen, dass das, was man unbedingt sagen möchte, auch tatsächlich zur Sprache kommen kann, und dass die Partner/innen wieder lernen sich gegenseitig zuzuhören" so Ingrid Sword.

Dies sei meist nur in einem Rahmen möglich, der beispielsweise das Rückzugsverhalten eines der beiden Partner/Innen verhindert und dem Gespräch die nötige Aufmerksamkeit beider Parteien gibt. „Ideal sind in diesem Fall Beratungsgespräche mit einer/m ausgebildeten Begleiter/in. In dieser geschützten Werkstätte fühlen sich viele Menschen freier Probleme offener anzusprechen", spricht Ingrid Sword aus Erfahrung.

In Österreich gibt es in jedem Bundesland Beratungsstellen, die solche begleitenden Gespräche kostenfrei anbieten. Mittels der Suchfunktion auf dieser Website finden Sie die passende Einrichtung in Ihrer Nähe. Vereinbaren Sie einen Termin!

Unsere Interviewpartnerin

Ingrid Sword ist diplomierte Ehe,- Familien-und Lebensberaterin und arbeitet im Team des IFP Graz Kirchengasse.

Institut für Familienberatung und Psychotherapie Graz Kirchengasse 
Kirchengasse 4/2
8010 Graz
Website des IFP

Das Interview wurde im Dezember 2022 geführt.

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