Mutter telefoniert mit Kind am Bürotisch

Kinder bekommen – Karriere aufgeben?

Zumeist sind es die Frauen, die persönlich zurückstecken, wenn Kinder kommen, während ihr Partner weiterhin Karriere macht.

Wenn ein Paar Kinder bekommt, ändert sich die Paardynamik und die Rollenverteilung verschiebt sich. Selbst wenn beide davor beruflich engagiert waren, ist nun ein Elternteil meist für die Kinderbetreuung hauptverantwortlich. „In unseren Beratungen zeigt sich, dass dies nach wie vor primär die Frauen sind. Sie müssen zurückstecken, während ihr Partner seinen Weg weitergehen kann und Karriere macht“, berichtet Holger Eich. „Dies führt häufig dazu, dass die Mütter auf die Dauer frustriert sind.“

Ein Vorschlag des Profis ist, sich schon während der Schwangerschaft Gedanken darüber zu machen, wie man die Zeitaufteilung als Eltern gestaltet. Dabei ginge es nicht nur um die Betreuung, sondern auch um die Bindung des Vaters zum Kind und die Zeit als Paar. „Die bereits übliche Väterkarenz reicht nicht aus – erst ab dem 8. und 9. Lebensmonat baut sich Bindung auf. Daher sollten die Väter mehr und nachhaltiger Zeiten für den Nachwuchs einplanen.“ Aber auch die Qualitätszeit zu zweit sei ein wichtiger Faktor, um als Paar glücklich zu bleiben.

Wenn Mütter zu lange allein zuhause bleiben und sich womöglich auch noch der Freundeskreis und die davor üblichen Hobbies reduzieren, könne sich bald Frustration bemerkbar machen. Eich: „Das kann sich dann schlimmstenfalls in Wut und Aggression gegen die Kinder und auch den Partner äußern.“

Daher sei es nötig, früh genug Wege zu überlegen, jedem der beiden Elternteile ausreichend Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung zu geben. „Denken Sie schon vor dem ersten Kind darüber nach, welche Räume für Sie als Paar, für jeden einzelnen für sich und für die Weiterentwicklung im Job möglich sind.“

Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass glücklichere, ausgeglichene Eltern besser für die Kinder sind als jene, die immer zuhause sind. Laut des Experten muss man sich auch vor Augen führen, dass dies ein längerer Prozess ist – bis sich alles eingespielt hat, dauert es. „Wer das erste Kind bekommt, weiß einfach nicht, was auf sie oder ihn zukommt. Geben Sie sich Zeit und versuchen Sie sensibel zu sein für die Wünsche und Bedürfnisse Ihrer Partnerin oder Ihres Partners.“

Unser Interviewpartner

Mag. Holger Eich ist klinischer Psychologe und Gesundheitspsychologe und arbeitet für das Kinderschutzzentrum Wien.

Unabhängiges Kinderschutzzentrum Wien
Mohsgasse 1 Top 3.1
1030 Wien 
Website des Kinderschutzzentrum Wien

Das Interview wurde im Oktober 2022 geführt.

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