Eine Frau steht mit geschlossenen Augen vor einem Wasserfall.

Trauern dürfen

Silke Dorfer hat bei ihren Beratungsgesprächen immer wieder mit Menschen zu tun, die um einen geliebten Menschen trauern. Oftmals sogar um einen sehr nahen Menschen, mit dem gemeinsam ein Leben geplant und aufgebaut wurde.

"Am Anfang ist nur der Schock da und man will es nicht wahrhaben", so die Beraterin. „Dann irgendwann wird es einem bewusst: Der geliebte Mensch kommt nicht wieder und ist für immer aus dem Leben verschwunden.“ Zumeist seien in den ersten Monaten der ersten tiefen Trauerverarbeitung Familie, Angehörige und Freunde da, die helfen, ablenken, mittrauern und unterstützen. „Das Problem ist nur, dass man nach einer gewissen Zeit allein übrigbleibt. Für alle anderen geht das gewohnte Leben weiter – muss es auch. Doch für die/den Trauernde/n ist es lange noch nicht so weit“, so Dorfer.

Ab diesem Zeitpunkt würde es beginnen, wirklich hart zu werden. Vor allem, wenn es sich um den Lebensmenschen handelt, der nicht mehr da ist – der im Tagtäglichen einfach fehlt. Dann käme oft nicht nur unendlich tiefe Trauer, sondern auch Wut. Wut, dass einen der andere allein gelassen hat. „Jetzt braucht man einen geschützten Rahmen, um sich gut aufgehoben zu fühlen. Einen Ort, wo man lauthals trauern, aber auch schimpfen darf – wo alles sein darf“, weiß die Beraterin. Dies könne etwa in einer Beratungsstelle sein.

Weiters empfiehlt Dorfer Rituale, um die Trauer zu bewältigen. Das könne zum Beispiel ein Tagebuch sein, in das man täglich Empfindungen notiert. Man könne auch ein Journal verfassen, das man dem verstorbenen Menschen widmet. „Schreiben Sie alles hinein, was Ihnen zu dem Menschen einfällt. Schöne Erlebnisse, aber auch weniger gute.“

Gemeinhin sei der Tod in der Gesellschaft ein Tabu. Man wüsste oft nicht, wie man jemanden anspricht, der einen nahen Verwandten verloren hat. Kommentare wie „Schau nach vorne – das Leben geht weiter“, tun ihr Übriges.

Wenn jemanden Trauerbegleitung benötigt, kann sie/er sich gerne an eine der österreichischen Familienberatungsstellen wenden.

Unsere Interviewpartnerin

Silke Dorfer ist Familienberaterin des Instituts für Familienberatung und Psychotherapie (IFP) in Leoben, Steiermark. Sie ist Diplomierte Ehe-, Familien- und Lebensberaterin, sowie Diplomierte Erziehungs- und Jugendberaterin.

Institut für Familienberatung und Psychotherapie (IFP)
Homanngasse 7
8700 Leoben
Webseite der Familienberatungsstelle IFP Leoben

Das Interview wurde im November 2021 geführt.

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